Von der Lukasklause zum Guericke-Zentrum
Geschichte des Bauwerkes
- Wehrturm und Neues Werk
- Tilly stürmt Magdeburg
- Bastion Preußen
- Künstlerklause St. Lukas
- Otto-von-Guericke-Museum
- Guericke-Zentrum
Zeittafel
Folgende Zeittafel stellt die Entwicklung von der ersten Erwähnung des Bauwerkes 1279 bis zur Gegenwart dar.
1236 |
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1279 |
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1312 |
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1450 |
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1536 |
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1550-1551 |
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1629 |
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1625 |
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1631 |
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1633 |
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1680 |
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1851 |
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1900 |
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1902-1903 |
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1904 |
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1939-1945 |
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1945- |
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1974 |
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1981-1983 |
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1983 |
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1986 |
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1995 |
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2010 |
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Wehrturm und Neues Werk
Die erste urkundliche Erwähnung befindet sich in der Schöppenchronik (1279) von Lammspringe: Eine Schiffsmühle wurde beim Welschen Turm gebaut. Eine Erklärung für die Bezeichnung Welscher Turm ist, dass er von einem italienischen oder lombardischen Festungsbaumeister errichtet wurde. Die Entstehungszeit des spätgotischen Turmes konnte bisher nicht exakt bestimmt werden. In einer Urkunde von 1312 gibt es einen Hinweis auf ein Walsgetüm. Die ursprüngliche Bezeichnung wal lässt im Mittelniederdeutschen mehrere Deutungen zu: Wal bedeutet Kampf, demzufolge ist wohl der Turm im Zusammenhang mit Kämpfen entstanden. Die Schreibweise vals bedeutet soviel wie Fälscher, Betrüger. Das deutet wahrscheinlich auf einen Schuldturm hin. Die spätere Umwandlung in das volkstümliche welsch ist nicht nachvollziehbar. Eine genaue Klärung war bisher nicht möglich.
Tilly stürmt Magdeburg
Am 4. Mai 1631 sandte Tilly einen Trompeter in die Stadt Magdeburg mit einem Schreiben an den Rat, an den Festungskommandanten Falckenberg und an den Administrator mit der Forderung, die Stadt zu öffnen. Der Rat antwortete am 12. Mai und schlug einen Vergleich aus. Bereits vom 7. bis zum 9. Mai wurde die Stadt heftig beschossen. Unter dem Druck der heranziehenden Schweden schickte Tilly dem Rat am 18. Mai eine letzte Aufforderung, sich zu ergeben. Vor den Mauern der Stadt lagen auch die Truppen Pappenheims, des Herzogs von Holstein, des Grafen von Mansfeld und zwei kaiserliche Regimenter mit über 30.000 Mann. Falckenberg wollte noch am Abend des 19. Mai einen Ausfall vornehmen, um die Feinde von den belagerten Stadtmauern zu vertreiben.
Weil dieser aber unterblieb, nutzten vor allem die Truppen Pappenheims, die vor der Hohen Pforte lagen, die Gelegenheit, sich auf die Erstürmung vorzubereiten. Die Sturmleitern wurden noch am Abend angelegt. Der Rat hatte sich am 20. Mai schon um 4.00 Uhr morgens getroffen, um über weitere Maßnahmen zu beraten. Aber das Schicksal nahm seinen Lauf. Die Meldungen über Bewegungen vor den Toren der Stadt überstürzten sich. Die Kroaten stürmten durch das seichte Elbwasser und das Fischertor in die Stadt. Es gelang ihnen, die das Stadttor Hohe Pforte von innen zu öffnen, so dass die kaiserlichen Söldner in die Stadt kamen, um zu plündern, zu schänden und zu morden.
Im Jahr 1633 begann der zögerliche Wiedeaufbau der Stadt unter der schwedischen Besatzung. Otto von Guericke als ausgebildeter Städte- und Festungsplaner erhielt von den Schweden den Auftrag, die zerstörte Stadt neu zu vermessen und einen Plan zum Wiederaufbau zu erstellen. Dieser Originalplan liegt im Kriegsarchiv in Schweden, eine Kopie hängt im Guericke-Museum“
Bastion Preußen
Mit der Übernahme der Stadt Magdeburg begann 1679 unter dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620-1688) ihr Ausbau zu einer Festung. Der bekannte Gouverneur des Herzogtums Magdeburg, Leopold von Anhalt-Dessau (Alter Dessauer, 1676-1747) trug seitdem für den Wiederaufbau Magdeburgs und den Auf- und Ausbau der Festung die Verantwortung. Damit stieg die militärstrategische Bedeutung der Stadt erheblich.
Magdeburg wurde im 18. Jahrhundert zur stärksten Festung Brandenburg-Preußens. Die Wallanlagen nahmen doppelt soviel Fläche ein wie die bebaute Stadtfläche Magdeburgs. Das Neue Werk, eine im 16. Jahrhundert angelegte Bastion, wurde unter der veränderten Bezeichnung Bastion Preußen in die neuen Festungsgewerke einbezogen. Der in ihr befindliche mittelalterliche Turm blieb erhalten und wurde als Turm Preußen bezeichnet.
1717 ließ der Militärkommandant nahe des Turmes ein neues, großes Provianthaus bauen. Zum westlichen Elbufer hin entstand 1724 bis 1725 die noch heute sichtbare und erhaltene Mauer, die um 1855 mit Schießscharten versehen wurde.
Die 1851 in gesamter Länge eröffnete Eisenbahnstrecke Magdeburg - Wittenberg wurde zwischen der Bastion Preußen und der Elbe in die befestigte Stadt eingeführt. Das zog einen teilweisen Umbau der Bastion nach sich. Zur Elbe hin wurde die noch vorhandene krenelierte Bruchsteinmauer errichtet und ein aufwendiges Eisenbahnfestungstor mit einer Klappbrücke angelegt, von dem der südliche Teil, das sogenannte innere Tor noch teilweise erhalten ist.
Der Turm Preußen ist auch heute noch beeindruckend in seinen Ausmaßen: Die Gesamthöhe des achteckigen Bauwerkes beträgt 21,70 m und der Durchmesser 11,42 m. Im Erdgeschoss ist das Mauerwerk 1,42 m stark. Der Turm besitzt einen Keller und drei nutzbare Stockwerke.
Künstlerklause St. Lukas
Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Festungszwang schrittweise aufgehoben. Die Stadt erwarb einen Teil der Wallanlagen für die Stadterweiterung.
1900 kaufte der Künstlerverein St. Lukas e.V. zu Magdeburg den Turm Preußen. Ab 1902 wurde er unter Leitung von Professor Rettelbusch (1858-1934) ausgebaut. Dieser ließ das Gebälk und das Dach erneuern sowie alle alten Maueröffnungen verschließen beziehungsweise zu Türen und Fenstern erweitert. Durch einen Anbau mit einem runden Backsteintreppenturm und einer Fachwerkgalerie im historisierenden Stil wurden die Nutzungsmöglichkeiten wesentlich erweitert.
Mit dem Abschluss der Bauarbeiten 1903 wurde der Turm dem Schutzpatron der Maler St. Lukas geweiht, das Gesamtgebäude wird Lukasklause genannt. Eine Inschrift an der Wand zum Vorraum weist auf die Einweihung der Lukasklause hin. Zur gleichen Zeit entstanden auch die Parkanlagen um das Rondell mit einem Teich, Brücken, Wegen und der Blumenbepflanzung neu. Der Park wurde 1945 zerstört, wogegen die Lukasklause den Krieg fast unbeschadet überstand.
Otto-von-Guericke-Museum
Anfang der 80er Jahre erfolgte eine grundlegende Rekonstruktion des gesamten Gebäudes durch den damaligen VEB Denkmalpflege, heute Paul Schuster GmbH. Die Rechtsträgerschaft übernahm das Kulturhistorische Museum der Stadt Magdeburg.
1986 gestaltete der "Freundeskreis Otto von Guericke" beim Kulturbund Magdeburg seine erste Sonderausstellung unter dem Thema "Otto von Guericke - In seiner Zeit für unsere Zeit". Anlass war der 300. Todestag Otto von Guerickes. In zwei Etagen waren Leben und Werk Guerickes mit vielen neuen Exponaten zu sehen: Seine wichtigsten Lebensstationen im Erdgeschoss und die Nachbauten seiner Experimentiergeräte in der oberen Etage.
Die Ausstellung wurde 1987 in den Techniksaal des Kulturhistorischen Museums verlegt und in ehrenamtlicher Tätigkeit von den Mitgliedern des Freundeskreises betreut. Ab 1991 übernahm die Guericke-Gesellschaft diese Aufgabe. Auf Beschluss des Stadtrates erfolgten Planungen zum Rück- und Umbau des großen Saales im Museum um die Vorbereitung auf die Europaausstellung „Otto der Große“ treffen zu können. Das hatte zur Folge, dass die Guericke-Gesellschaft Räumlichkeiten nicht mehr nutzen konnte, um Veranstaltungen und Ausstellungen durchzuführen.
Auf Grund der guten Erfolge mit der Lukasklause und deren Verbindung zu Guericke entschied der Magistrat, diese zur Verfügung zu stellen. Nach notwendigen Instandsetzungsarbeiten wurde sie im Juni 1995 in ihrer heutigen Form unter der Schirmherrschaft der Otto-von-Guericke-Gesellschaft e. V. übernommen und als Otto-von-Guericke-Museum eröffnet.
Das Herzstück bildet die ständige Ausstellung Leben und Werk Otto von Guerickes. In zwei Etagen werden sein Leben und Wirken, insbesondere sein naturwissenschaftliches Wirken, sowohl in Wort und Bild als auch durch originalgetreue und funktionstüchtige Nachbauten und moderne Experimente dargestellt. Des weiteren bietet das Museum Führungen durch die Ausstellung, Vorführungen der Neuen Magdeburger Experimente, Arbeit mit Animationsversuchen zum Vakuum und zur Elektrizität, kleine Sonderausstellungen, Videovorführungen, Fachliteratur und Souvenirs an.
Seit 1996 finden in der Lukasklause verschiedene kulturelle Veranstaltungen für die Öffentlichkeit statt. Im Mittelpunkt stehen dabei Otto von Guericke, die Geschichte der Alten Stadt Magdeburg im 17. Jahrhundert sowie weitere Themenkreise seiner Zeit für die Magdeburger Region, die bis in unsere Zeit hinein von Bedeutung sind.
Ab dem Jahr 2000 wurden in der Lukasklause bauliche Veränderungen vorgenommen, so dass sich der bauliche Zustand von Jahr zu Jahr verbesserte. Die umfassenste bauliche Veränderung war der behindertengerechte Gebäudezugang durch den Einbau eines Aufzuges.
Die Wirksamkeit der Gesellschaft im In und Ausland für das Land, die Stadt und die Universität trug dazu bei, dass in Vorbereitung auf die Internationale Bauausstellung (IBA) ein Referenzobjekt „ Erweiterungsbau Lukasklause“ vom Land vorgesehen wurde. Im Jahr 2008 begannen die Vorarbeiten für einen Anbau an das existierende Gebäude.
Guericke-Zentrum
Mit der Fertigstellung erfolgte 2010 die Eröffnung mit einem erheblich verbesserten Raumzuwachs. So entstanden ein großer Tagungsraum (Bild), ein völlig neuer Eingangsbereich (Bild), Personal- und Lagerräume sowie ein Raum zum Experimentieren (Bild) für Schülergruppen.
Nach der erfolgten Ausstattung hat die Gesellschaft und die Stiftung die Möglichkeit verschiedenartige Tagungen, Konferenzen, Veranstaltungen und Ausstellungen durchzuführen. Im Vorsaal des Tagungsraumes erfolgte die Einrichtung einer Dauerausstellung zum IBA-Motto „Leben an und mit der Elbe, eine Stadt am Fluss“. Hauptsächlich werden die Räumlichkeiten des Gebäudes und des Gartens durch die Guericke-Gesellschaft und- Stiftung genutzt. Eine Vermietung an Dritte ist möglich.
Bild: Das heutige Guericke-Zentrum mit Lukasklause